Ernährungstherapie bei Multipler Sklerose (MS)

Entzündungshemmende Ernährung bei Multipler Sklerose (MS)

Ein Fachartikel von Heilpraktiker Patric Warten

Einleitung

Der bekannte griechische Arzt Hippokrates erkannte schon in der Antike, dass eine gesunde Ernährung wichtig für die Gesunderhaltung und Therapie von Erkrankungen ist. Von ihm stammt die Aussage: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“
Heutzutage gilt es auch in der modernen Medizin als belegt, dass eine gezielte Auswahl an Nahrungsmitteln den Verlauf vieler Krankheiten wie zum Beispiel von Herz- Kreislauferkrankungen günstig beeinflussen kann.
Die Ernährung hat auch einen Einfluss auf den Verlauf von chronischen Entzündungen. So kann eine antientzündliche Ernährungstherapie den Entzündungsprozess bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen reduzieren. Studien (Olaf Adam et. al.) belegen dies. Den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen liegt ein Autoimmungeschehen zugrunde, bei dem es zu chronischen entzündlichen Reaktionen im Bereich der Gelenke kommt.
Auch der Multiplen Sklerose (MS) liegt ein Autoimmungeschehen zugrunde, bei dem es zu chronischen Entzündungen an den Myelinhüllen der Nerven des zentralen Nervensystems kommt.

Entzündungshemmende Ernährung - Ernährungstherapie bei MS

Arachidonsäure, die über die Nahrung aufgenommen wird, ist Ausgangsstoff für entzündungsfördernde Prostaglandine und Leukotriene. Arachidonsäure kommt vorwiegend in Schweineschmalz, Fleisch (besonders Schweinefleisch), Thunfisch und anderen Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor. Sie wird auch vom menschlichen Organismus selbst synthetisiert. In Milch und Milchprodukten kommt sie in geringen Mengen vor, pflanzliche Lebensmittel sind frei davon.
Über eine vorwiegend vegetarische Ernährung, bei der es zu einer verminderten Aufnahme von Arachidonsäure kommt, nimmt die Entzündungsaktivität ab. Durch Heilfasten kann das Entzündungsgeschehen ebenfalls verbessert werden. Studien einer Forschungsgruppe (Dr. med. Markus Bock Charité Universitätsmedizin Berlin, Prof. Dr. med. Friedemann Paul und Prof. Dr. med. Andreas Michalsen) zeigen, dass eine Fastentherapie von 7-10 Tagen bei MS-Patienten zu einer klinisch relevanten Verbesserung der Lebensqualität führt.
Die Vitamine E und C, sowie Beta-Carotin (Provitamin A) und die Spurenelemente Zink und Selen wirken sich ebenfalls hemmend auf Entzündungen aus. Vitamin E wirkt der Synthese von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Leukotrienen entgegen. Besonders reich an Vitamin E sind Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Olivenöl, Walnüsse, Mandeln, Nüsse und Vollkornprodukte. Vitamin E wirkt so wie Vitamin C, Beta-Carotin sowie die Spurenelemente Zink und Selen den die Entzündungen unterhaltenden Sauerstoffradikalen entgegen. Sauerstoffradikale entstehen unter anderem durch Entzündungsprozesse, sie beschleunigen diese und schädigen aufgrund von Oxidation gesundes Gewebe wie zum Beispiel die Myelinhüllen. Die den schädigenden und entzündungsfördernden Sauerstoffradikalen entgegenwirkenden Vitamine und Spurenelemente werden aufgrund ihrer antioxidativen Wirkung als Antioxidantien bezeichnet.

Lebensmittel, die Vitamin C enthalten, sind Paprika, Zitrusfrüchte, Grünkohl und Brokkoli. Holunder-, Johannisbeer- und Sanddornsaft enthalten ebenfalls viel Vitamin C. Beta-Carotin kommt vorwiegend in Karotten, Süßkartoffeln, Kürbissen, Grünkohl, Nektarinen, Rote Beete und Aprikosen vor. Zink und Selen enthaltende Lebensmittel sind Kürbiskerne, Haferflocken, Paranüsse, Fisch (z.B. Lachs), Blaukraut und Spargel.

 

Omega-3-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren, die für den menschlichen Körper lebensnotwendig sind und vom Organismus nicht selbst hergestellt werden können. Sie müssen über die Nahrung zugeführt werden. Sie wirken entzündungshemmend indem sie die Produktion der entzündungsfördernden Arachidonsäure blockieren. Außerdem wirken sie ausgleichend auf ein überschießendes Autoimmungeschehen. Insgesamt gibt es 11 verschiedene Omega-3-Fettsäuren, so zum Beispiel die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). Alpha-Linolensäure (ALA) kommt hauptsächlich in pflanzlichen kalt gepressten Ölen wie z. B. in Lein-, Walnuss-, Hanf- und Rapsöl vor. Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) kommen hauptsächlich in Fischen wie Sardine, Hering, Seelachs, Makrele, Rotbarsch und Forelle vor.

 

Das in Knoblauch, Bärlauch, Schnittlauch, in Zwiebeln und Lauchzwiebeln vorkommende Alliin hat ebenfalls eine entzündungshemmende Wirkung. Alliin ist eine schwefelhaltige Aminosäure. Sie wandelt sich in Allicin um und besitzt pharmakologische Eigenschaften. Allicin greift in den Arachidonsäurestoffwechsel ein, dabei reduziert es die Bildung von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Leukotrienen.

 

Die Vitamine B1, B6 und B12 sind am Stoffwechsel, der Funktion und Regeneration von Nerven beteiligt. Besonders wichtig in Bezug zur MS ist das Vitamin B12. Es ist an der Bildung der Myelinhüllen beteiligt, die, wie weiter oben schon erwähnt, durch das entzündliche Autoimmungeschehen betroffen sind. Aufgrund reparativer Prozesse an den betroffenen geschädigten Myelinhüllen besteht ein erhöhter Verbrauch an Vitamin B12. Durch eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 kann gerade auch nach dem Abklingen entzündlicher Schübe die Regeneration und Neubildung der betroffenen Myelinhüllen unterstützt werden.
Vegetarische Lebensmittel, die die genannten B-Vitamine enthalten, sind Vollkornprodukte insbesondere Haferflocken, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Bananen und Grünkohl. Da Vitamin B12 fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln wie Innereien (Leber, Niere) und Muskelfleisch vorkommt, ist hier aufgrund des ArachidonsäuregehaltsVorsicht geboten. Vitamin B12 kann aus diesem Grund auch supplementiert werden. Hering und Forelle enthalten neben den entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren auch Vitamin B12.

 

Die Ursachen der Multiplen Sklerose sind noch nicht geklärt. Derzeit wird davon ausgegangen, dass eine Verkettung vieler Faktoren wie Umwelteinflüsse und Erbanlagen eine gewisse Rolle spielen. Die Multiple Sklerose ist allerdings keine Erbkrankheit. MS kommt in der Nordhalbkugel erheblich häufiger vor als in der südlichen Hemisphäre. Je weiter nördlich desto mehr nimmt die Zahl der MS-Erkrankungen zu. In den Ländern Nordeuropas und in Grönland kommt MS am häufigsten vor. Es gibt Vermutungen, dass ein verminderter Vitamin-D-Serumspiegel mitursächlich für die Entstehung ist. Vitamin D wird im Körper durch das Einwirken von Sonnenlicht auf die Haut produziert und über die Ernährung zugeführt. In der Nordhalbkugel und gerade auch in Nordeuropa scheint die Sonne weniger als auf der Südhalbkugel. Somit ist die Wahrscheinlichkeit eines Vitamin-D-Mangels im Norden höher. Studien (Aschrio et. al.) zeigen, das bei vielen MS-Erkrankten ein verminderter Vitamin-D-Serumspiegel vorliegt und dieser den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen kann. Bei erhöhten Vitamin-D-Spiegeln wurde eine geringere MS-Aktivität beobachtet. Auch kommen mehrere Studien (Nielsen, Munger, Salzer et. al.) übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Menschen mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel ein geringeres Risiko haben an MS zu erkranken. Insbesondere Kinder und Jugendliche, mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel, erkranken später seltener an MS. In verschiedenen Studien (Cantorna et. al., Fawaz et. al.) konnte auch nachgewiesen werden, dass Vitamin D sowohl eine das Immunsystem modulierende, als auch eine entzündungshemmende Wirkung hat.

So ist es bei MS-Erkrankten naheliegend den Vitamin-D-Serumspiegel zu kontrollieren und diesen gegebenenfalls aufzufüllen. Lebensmittel, die Vitamin D enthalten, sind Hering, Lachs, Pilze und Avocados. Eier, Butter, Käse und Innereien enthalten auch Vitamin D, doch ist bei diesen Lebensmitteln aufgrund ihres Gehalts an Arachidonsäure Vorsicht geboten. MS-Patienten sollten sich auch regelmäßig umsichtig dem Sonnenlicht aussetzten um die Vitamin-D-Produktion anzuregen. Sollten diese Maßnahmen zur Anhebung des Vitamin-D-Serumspiegels nicht ausreichen, so ist auch hier eineSupplementierung sinnvoll.

 

Eine weitere Entstehungstheorie ist, das eine zu fettreiche Ernährung bei gleichzeitig zu geringer Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren mitursächlich für die Entstehung der MS sein kann und diese begünstigt. Gerade in den Ländern der Nordhalbkugel wird eine zu fettreiche Ernährung bevorzugt, bei gleichzeitig geringer Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren.
Die in diesem Artikel vorgestellte Ernährungstherapie, mit deutlich reduziertem Fleisch-und Fettkonsum, bei erhöhter Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und vermehrter Frischkost steht den Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung der Nordhalbkugel entgegen.

Schlussbemerkungen

Eine komplementäre Ernährungstherapie ist durchaus sinnvoll und meiner Meinung nach unerlässlich in der Therapie der Multiplen Sklerose. Die Lebensqualität kann dadurch verbessert und die Entzündungsbereitschaft im Organismus gesenkt werden. Sauerstoffradikalen und dem dadurch bedingtem schädlichem oxidativem Stress wird entgegengewirkt. Da sich viele Betroffene der Krankheit ausgeliefert fühlen, stellt die Ernährungstherapie auch eine psychologische Hilfe dar, bei der die Patienten selbst aktiv etwas tun und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können.