Kopfschmerzen - Spannungskopfschmerzen mit Osteopathie und anderen naturheilkundlichen Therapien behandeln

Ein Fachartikel von Heilpraktiker und Osteopath Patric Warten, der in der Zeitschrift „Reflexe“, des Verbandes der Masseure der Schweiz, im März 2014 veröffentlicht wurde

Spannungskopfschmerzen sind die häufigste Kopfschmerzform

Spannungskopfschmerzen sind die häufigste Kopfschmerzform Sie nehmen in der Häufigkeit immer mehr zu. Die letzten 15 Jahre hat die Zahl der Patienten mit Spannungskopfschmerzen, zumindest in meiner Praxis, deutlich zugenommen. Auch unter Jugendlichen steigt die Zahl der Patienten mit Kopfschmerzen des Spannungstyps deutlich an. Spannungskopfschmerzen sind zu einer Zivilisationskrankheit geworden.

Arten, Symptome, Erscheinungsformen und Unterscheidung verschiedener Kopfschmerzformen

Zum besseren Verstehen, Erkennen und Unterscheiden von Spannungskopfschmerzen zu anderen Kopfschmerzformen soll hier noch kurz auf die Migräne, als zweithäufigste Kopfschmerzform, eingegangen werden. Weniger häufig auftretende Kopfschmerzformen sind: Der Cluster-Kopfschmerz, Kopfschmerzen nach Schädeltrauma, Kopfschmerzen bei Erkrankungen des Gehirns und Kopfschmerzen bei Infektionskrankheiten.

Die Migräne bezeichnet einen „Halbseitenkopfschmerz“ (griechisch: „Hemikranie“, französisch: „Migraine“), der mit oder ohne vorheriger Aura auftreten kann. Die Migräne tritt also immer nur als einseitiger Kopfschmerz auf. Gelegentlich gehen dem Migränekopfschmerz Symptome oder neurologische Störungen voraus, die Stunden oder Tage davor auftreten können. Diese werden als Aura bezeichnet. Aurasymptome sind unter anderem: Sehstörungen, Geschmacksstörungen, Gefühlsstörungen, Müdigkeit, Reizbarkeit und verminderte Leistungsfähigkeit.

Der Migränekopfschmerz ist gekennzeichnet durch immer wiederkehrende Schmerzattacken unterschiedlicher Dauer, Häufigkeit und Schmerzamplitude. Die pochenden, pulsierenden Schmerzen können im Bereich von Stirn und Schläfen, Augengegend, sowie Hinterkopf und Nacken lokalisiert sein und sind meist von stärkerem Charakter als Spannungskopfschmerzen. Die Migräne hat immer mehr oder weniger starke Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, starkes Ruhebedürfnis, starke Überempfindlichkeit gegen Lichtreize, Gerüche und Lärm. Der Migränekopfschmerz entsteht in den Gefäßen der Hirnhäute, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Hyperaktivität von Nervenzellen des Hirnstammes. Die Blutgefäße der Hirnhäute erweitern sich, es kommt zu einer neurogenen Entzündung. Die wahrscheinliche Ursache ist eine besondere Empfindlichkeit der Gehirnzellen gegenüber bestimmten Reizen.

Spannungskopfschmerzen sind charakterisiert durch beidseitige, dumpfe, ziehende, drückende Schmerzen, die meistens nie besonders stark, sondern eher leicht oder mäßig stark sind. Meistens sind die Schmerzen im Vergleich zur Migräne nie pulsierend oder „hämmernd“ und verstärken sich nicht oder nur mäßig bei körperlicher Arbeit. Eine Aura fehlt immer. Begleiterscheinungen, wie bei der Migräne, fehlen zumeist oder sind nur sehr schwach ausgeprägt. Gelegentlich fühlen sich die Betroffenen während der Kopfschmerzen etwas müde und angestrengt. Die üblichen Tagesaktivitäten können in der Regel durchgeführt werden. Alles wird jedoch als etwas anstrengender empfunden. 

Häufigste Schmerzlokalisationen sind der Nacken, Hinterkopf, Stirn oder hinter den Augen. Spannungskopfschmerzen beginnen meistens im Laufe des Tages und halten über mehrere Stunden an. Spätestens mit dem Nachtschlaf verschwindet der Kopfschmerz. Auch ausgedehnte Spaziergänge oder eine warme Dusche verbessern oft oder beseitigen die Schmerzen, was bei der Migräne nicht der Fall ist. Spannungskopfschmerzen können episodisch, z. B. gelegentlich, in stressigen Lebenslagen oder chronisch verlaufen. Gelegentlich kommen starke Verlaufsformen vor, bei denen die Betroffenen mehrmals pro Woche, auch über mehrere Tage hinweg Kopfschmerzen haben. Starke Verlaufsformen können mit Symptomen von chronischer Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Antriebsverlust und depressiven Verstimmungen einhergehen. Lang anhaltende stressige Lebensphasen und/oder die häufige Einnahme von Schmerzmitteln kann der Entwicklung einer chronischen Verlaufsform Vorschub leisten.

Einige Betroffene leiden unter einer Kombination von Spannungskopfschmerzen und Migräne. Doch können sie immer unterscheiden, ob ihr momentaner Kopfschmerz vom Spannungstyp ist oder ob es sich um eine Migräne handelt.

Ursachen von Spannungskopfschmerzen

Wie das Wort „Spannungskopfschmerz“ schon sagt, hat der Kopfschmerz etwas mit Spannung, nämlich mit Verspannungen der Kopf- und Nackenmuskeln zu tun. Verspannungen im Nacken- und Kopfbereich haben sehr oft Stress als Ursache. In einer Zeit, in der die Leistungsanforderungen immer mehr steigen, in der sich alles ständig ändert und wir mit ständiger Informationsflut zu kämpfen haben, ist es nicht verwunderlich, dass wir immer mehr unter Stress leiden. Stress führt zu einem chronisch erhöhten Aktivitätsniveau unseres sympathischen Nervensystems. Unter Stress bereitet sich unser Organismus auf eine körperliche Aktivität vor (Flucht, Angriff).

Dieser lebenswichtige Vorgang sicherte unseren Vorfahren das Überleben, indem sie sich der Stresssituationen durch Flucht oder Angriff (körperliche Aktivität) entzogen. Stress bewirkt in unserem Organismus unter anderem einen Anstieg des Blutdrucks, eine Erhöhung der Gerinnungsneigung des Blutes, vermehrte Muskelspannung (Verspannungen), Anstieg des Blutzuckerspiegels, Erhöhung der Blutfettwerte. Somit ist unser Organismus auf eine körperliche Aktivität vorbereitet, doch bleibt diese meistens aus und wir bleiben gestresst am Arbeitsplatz sitzen. Würden wir die Flucht ergreifen oder angreifen, wären der Blutdruckanstieg und die vermehrte Muskelspannung sinnvoll und notwendig und würden anschließend rasch und erfolgreich wieder auf das jeweilige Normalmaß abgebaut werden.

Dieses Zuviel an Stress und der Mangel Stress körperlich abzubauen (Bewegungsmangel), kann sich auf Dauer negativ in vielerlei Hinsicht auf unsere Gesundheit auswirken.

Wie es genau durch die Verspannungen zu den Kopfschmerzen kommt, ist noch ungeklärt. Die genauen Mechanismen sind noch unbekannt. Fest steht, dass Verspannungen der Kopf- und Nackenmuskeln Schmerz auslösend sind. Ich selbst vermute, dass hauptsächlich Verspannungen der kurzen Nackenmuskeln, die alle am ersten und zweiten Halswirbel ihren Ursprung haben und am unteren Hinterhaupt ansetzen (außer Musculus obliquus capitis inferior), für die Kopfschmerzen verantwortlich sind. Auf jeder Nackenseite gibt es vier kurze Nackenmuskeln. Diese sind: Musculus rectus capitis posterior minor, Musculus rectus capitis posterior major, Musculus obliquus capitis superior, Musculus obliquus capitis inferior.

Gerade die kurzen Nackenmuskeln sprechen sehr sensibel auf Stress an. Sie haben eine starke nervale Verbindung zum Gleichgewichtsorgan im Innenohr und sind für die Feineinstellung des Kopfes im Raum zuständig. Sie sind auch, meiner Meinung nach, wegen der starken nervalen Verbindung zum Gleichgewichtsorgen, maßgeblich am so genannten „Cervicalen Schwindel“ beteiligt.

Durch die Verspannungen der kurzen Nackenmuskeln kann es zu einer Beeinträchtigung des Dermatoms C2 kommen, welches sich über den gesamten Hinterkopf und Teile des Oberkopfes erstreckt. Für diese Theorie spricht, dass seit ich die kurzen Nackenmuskeln speziell behandle, Behandlungserfolge bei über 90% zu verzeichnen sind. Fast alle Spannungskopfschmerzpatienten werden auf Dauer durch die Behandlung sogar schmerzfrei. Später werde ich noch Näher darauf eingehen.

Weitere Ursachen für Verspannungen der Kopf- und Nackenmuskeln sind nächtliches Beißen und Knirschen der Zähne, welches zu Verspannungen der Kaumuskeln (Musculus temporalis, Musculus masseter) und auch zu Verspannungen der kurzen Nackenmuskeln führt. Nächtliche Beißen und Knirschen ist Ausdruck einer zu hohen Stressbelastung und Überforderung.

Auch führt eine schlechte Haltung mit verstärkter BWS-Kyphose, mit Ventralisierung der Schultern und mit einhergehender verstärkter HWS-Lordose, zu einer Verspannung der Nackenmuskeln.

Anamnese, Untersuchung und Therapie

Einer guten Therapie, die so gezielt wie möglich sein soll, liegt immer eine ausführliche Anamnese und Untersuchung zugrunde. Neben der allgemeinen Anamnese, bei der die allgemeinen Patientendaten erfasst werden, sollte bei Patienten mit Kopfschmerzen auch eine spezielle Anamnese und eine Schmerzanamnese erfolgen. Fragen, die auf die berufliche Situation (Tätigkeiten am Arbeitsplatz, Haltung, Arbeitsbelastung, Lärm, Zufriedenheit mit Arbeit) eingehen, sollten nicht fehlen. Viele der Betroffenen haben eine sitzende Tätigkeit vor dem Bildschirm.

Auch sollten Fragen zum psychischen Befinden (Stresssituation im Privaten, allgemeines Wohlbefinden, Ein- oder Durchschlafstörungen, innere Unruhe, depressive Verstimmungen, Überforderungen usw.) gestellt werden. Weitere Fragen sollten zur Lebensführung (Alkohol, Genussmittel, Erholung, Sport usw.) gestellt werden. Auch muss erfragt werden, welche Medikamente (Schmerzmittelverhalten, Beruhigungsmittel) der Patient einnimmt und ob Fehlfunktionen des Kauapparates (Zähneknirschen, Zähne zusammenpressen, Kiefergelenksgeräusche, Schmerzen) vorliegen. Liegen Begleiterkrankungen vor, die auch zu Kopfschmerzen führen können, wie z. B. Bluthochdruck oder Erkrankungen der Nebenhöhlen?

 

Die Schmerzanamnese beinhaltet folgende Fragen:

  • Wo sind die Schmerzen?
  • Wann treten sie auf?
  • Wie sind die Schmerzen (z. B. dumpf, stechend, pochend)?
  • Was bessert oder was verschlechtert die Schmerzen?
  • Wie stark sind die Schmerzen (Schmerzskala von 0-10)?
  • Häufigkeit und Dauer der Schmerzen?
  • Seit wann sind die Schmerzen?
  • Gab es auslösende Faktoren in der Vergangenheit (z. B. Stürze, seelisch belastende Ereignisse)?
  • Was wurde bisher therapeutisch gegen die Schmerzen getan?

Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung beginnt mit einer Prüfung der Statik im Stehen. Der Patient ist dabei bis auf Unterhose, Socken und gegebenenfalls BH entkleidet. Besonderes Augenmerk lege ich dabei auf die Stellung der BWS (Rundrücken?), der Schultern (Protraktion?) und der HWS (Lordosierung?). Stellungsanomalien wie Rundrücken, mit daraus folgender Protraktion der Schultern und HWS-Lordosierung, führen zu muskulärem Stress der Nackenmuskeln, deren Folge Verspannungen sind. Danach erfolgt im Sitzen das Prüfen der HWS-Beweglichkeit, in Verbindung mit dem Überprüfen verschiedener Nackenmuskeln auf eventuelle Verkürzungen und die spezielle segmentale Bewegungsprüfung der oberen HWS nach manualtherapeutischer Lehre. Im Anschluss erfolgt das Abtasten der Nackenmuskeln, insbesondere der kurzen Nackenmuskeln (eventuell in Rückenlage, mit Kopf in der Schlinge, siehe Abbildung 1), auf ihren Tonus hin. In Rückenlage wird der Tonus der Kaumuskeln (Musculus temporalis, Musculus masseter) überprüft.

 

Das vorrangige Ziel der Behandlung ist das Lösen, Dehnen und Entspannen von Nackenmuskeln und eventuell von Kaumuskeln. Weitere Ziele können Stressabbau und eine verbesserte Haltung sein. Die Therapie richtet sich nach diesen Zielen.

Ich selbst beginne meine Therapie meistens mit der Massage der Muskeln Trapezius, Levator scapulae und der Rhomboiden. Dies erfolgt aus Bauchlage. Danach dreht sich der Patient in Rückenlage und legt seinen Kopf zur linken Seite ab, mit leichter Linksrotation der HWS. An der linken Seite stehend behandle ich die rechten Nackenmuskeln mittels manueller Querdehnung (siehe Abbildung 2) und Massagegriffen im caudalen und cranialen Bereich ausführlich. Das Gleiche erfolgt auf der Gegenseite, mit Flexion und Rotation der HWS nach rechts. Im Anschluss legt der Patient seinen Kopf in die Nackenschlinge und die kurzen Nackenmuskeln werden manuell, mittels Daumen, quer gedehnt (siehe Abbildung 1). Dabei wird bei der Behandlung der rechten kurzen Nackenmuskeln die HWS nach links flektiert und leicht links rotiert. Das Gleiche erfolgt auf der Gegenseite mit Rechtsflexion und Rechtsrotation. Mit Kopf in der Mittelstellung werden dann die Nackenmuskeln insgesamt ausgestrichen und massiert. Es folgt eine Traktion der HWS, die mehrmals ausgeführt wird. Die Traktionen erfolgen auch aus linker und rechter Lateralflexion. Danach folgt eine Lateralverschiebung (Lateraltranslation) der HWS mit ihren einzelnen Wirbeln nach links und rechts. In Mittelstellung der HWS, der Kopf verbleibt in der Nackenschlinge, werden nochmals die Nackenmuskeln beidseits massiert. Bei Bedarf werden noch die Kaumuskeln, mittels leichter Friktionen, bearbeitet. Der Kopf ist dabei aus der Schlinge genommen und liegt auf der Behandlungsliege ab. Die manuelle Behandlung ist damit am Ende.

 

Wichtig: Heimprogramm

 

Viele Kopfschmerzpatienten sagen mir, dass sie bereits, bei anderen Therapeuten (z. B. Masseure und Physiotherapeuten) wegen ihrer Kopfschmerzen in Behandlung waren und viele dieser Therapeuten die Patienten, oft nur mit mäßigem Erfolg, massiert oder manuell behandelt haben. Es ist festzustellen, dass viele Therapeuten nur den Schulter- und den unteren Nackenbereich behandelt haben. Der mittlere und gerade der obere Nackenbereich wurden komplett von der Nackenbehandlung ausgespart, die kurzen Nackenmuskeln immer. Bei allen Patienten war ich der erste Therapeut, der die Nackenmuskeln aus Rückenlage, mit Lateralflexion und Rotation der HWS behandelt hat. Die meisten Patienten wurden auch noch nie in einer Schlinge behandelt. Keiner erhielt eine Behandlung der kurzen Nackenmuskeln. Doch gerade die sind Schwerpunkt der Behandlung. Hier liegt ein Schlüssel zum Behandlungserfolg.

Ein weiterer wichtiger Schlüssel zum Behandlungserfolg ist das Heimprogramm.

Nach der manuellen Behandlung erfolgt eine ausführliche Beratung des Patienten und eine Einweisung in ein Heimprogramm. Je nachdem erfolgte schon ein Teil der Beratung während der manuellen Behandlung.

Das Heimprogramm umfasst drei Dehnungsübungen, eine Wärmeanwendung und eine Beratung zum Thema Ausdauerbelastung, wie z. B. Walking oder Joggen, je nach körperlicher Verfassung des Patienten.

Dehnungsübung

Bei der ersten Dehnungsübung (Patient sitzt, siehe Abbildung 3), neigt der Patient den Kopf zur rechten Seite und rotiert dabei etwas die HWS nach rechts und der linke Arm geht hinter den Rücken. Die rechte Hand fasst über den Kopf und zieht den Kopf weiter nach rechts. Dabei entsteht ein Ziehen (Dehnungsgefühl) an der linken Nackenseite. Die Dehnung ca. 15 Sekunden halten und zur anderen Seite hin wiederholen. Jede Seite 10-mal dehnen. Bei der zweiten Dehnungsübung (Patient sitzt), neigt der Patient das Kinn zur Brust und legt seine Hände an den Hinterkopf. Die Hände drücken den Kopf noch weiter zur Brust. Dabei entsteht ein ziehendes Gefühl (Dehnungsgefühl) an den Nackenmuskeln, bis manchmal zur mittleren BWS hinunter. Die Dehnung ca. 15 Sekunden halten und 10-mal wiederholen. Für die dritte Dehnungsübung macht der Patient ein Doppelkinn. Dabei entsteht ein sehr leichtes Ziehen im oberen Nacken. Die Dehnung ca. 15 Sekunden halten und 10-mal wiederholen.

 

Wärmeanwendungen und Heimprogramm

Die Wärmeanwendung kann mittels Wärmflasche erfolgen, in die ca. ein Liter kochendes Wasser gefüllt ist. Zur Anwendung legt sich der Patient auf den Rücken und die Wärmflasche in den Nacken. Ein Handtuch als doppelte oder einfache Auflage liegt auf der Wärmflasche, sonst wäre dies zu heiß. Die Wärmeanwendung soll intensiv warm sein, aber nicht zu heiß. Es darf im Nacken nicht brennen. Ich bevorzuge als Wärmeanlage eine Wärmflasche, weil die Wärmeanwendung mit einem warmen Dinkel- oder Kirschkernkissen zu mild ist. Außerdem kühlen solche Wärmeträger zu schnell wieder ab. Mit der Erklärung des Heimprogramms „Ausdauerbelastung“, wie z. B. Walking oder Joggen, beginnt dann der Beratungsteil. Regelmäßige Ausdauerbelastungen, der körperlichen Verfassung des Patienten angepasst, wirkt auch in erheblichem Maße entspannend auf die Nackenmuskeln und führt auch zu einer mentalen Entspannung (Stressabbau). Überhaupt haben Ausdauerbelastungen in jeglicher Hinsicht vorbeugende und heilende Wirkungen.

Im Rahmen der Beratung werden die Wirkungen der Ausdauerbelastung bezogen auf die Spannungskopfschmerzen und den Stressabbau erläutert. Auch wird erklärt, wie sich Stress generell negativ auswirkt und wie es durch wiederholten Stress zu Verspannungen und Spannungskopfschmerzen kommen kann. Manche Patienten erhalten, je nach Bedarf, eine umfassende Stressberatung, bei der individuelle Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden (Stressmanagement). Manchmal ist dafür ein gesonderter Termin notwendig.

Als Akutmaßnahme für zu Hause, wenn also der Kopf gerade schmerzt, helfen meistens eine warme Dusche in den Nacken, liegen auf der Wärmeflasche oder ein Spaziergang von ca. 30 Minuten.

Das Heimprogramm sollte mindestens 3-4 mal pro Woche durchgeführt werden. Die Ausdauerbelastungen mindestens 2-3 mal pro Woche. In der Regel gilt: „Je öfter, je besser“.

Die manuellen Behandlungen sollten 2-3 mal pro Woche erfolgen.

Bei guter Compliance des Patienten (regelmäßiges Heimprogramm durchführen) sind nach 3-6 Behandlungen schon die ersten Erfolge erkennbar. Die Kopfschmerzen sind weniger häufig, nicht mehr so stark und nicht mehr so lang anhaltend. Etliche Patienten sind schon nach 10 Behandlungen komplett beschwerdefrei. Spätestens nach 18 Behandlungen (bei guter Compliance) sind über 95% durchgehend beschwerdefrei, so meine Erfahrungen.

Phytotherapie

Gerade bei Menschen, die in einer sehr stressigen Lebensphase sind und dadurch zu Spannungskopfschmerzen neigen, haben sich auch pflanzliche Heilmittel sehr bewährt. Besonders sind hier das Johanniskraut und die Passionsblume zu erwähnen. Die in diesen Heilpflanzen enthaltenen pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe wie Hypericine und Flavonoide wirken angstlösend, stimmungsaufhellend und ausgleichend, aber nicht ermüdend, wie dies z. B. bei Baldrian der Fall ist. Ich verordne meistens ein Medikament mit Inhaltsstoffen des Johanniskrauts und ein Passionsblumenmedikament, die aber beide zusammen eingenommen werden sollen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einnahme beider pflanzlicher Mittel synergistische und additive Wirkungen haben und sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken.

Alle meine Patienten, die die Medikamente einnehmen, berichten darüber, dass sie sich wohler, ausgeglichener, ruhiger fühlen und weniger gestresst sind. Stress und Verspannungen lassen dadurch nach und damit auch die Spannungskopfschmerzen. Auch werden durch die Einnahme meistens Schlafstörungen verbessert. In der Regel sind die Medikamente gut verträglich und können über mehrere Monate eingenommen werden. Johanniskraut kann zu einer Überempfindlichkeit gegen Sonnenlicht führen.

Weitere Therapien und Maßnahmen

Bei Haltungsschwächen sollte noch eine Haltungsschulung durchgeführt werden, um dadurch muskulären Stress im Nacken zu reduzieren. Bei Kieferbeschwerden kann eine manuelle Therapie des Unterkiefers durchgeführt werden.

Das nächtliche Zusammenbeißen der Zähne oder Zähneknirschen ist Ausdruck einer Stressbelastung und ist durch Kieferbehandlungen nicht zu beseitigen. Jedoch können dadurch auftretende Kieferbeschwerden manuell behandelt werden.

Fazit

Die oben angeführten therapeutischen Maßnahmen, führen bei Kopfschmerzpatienten, meist zu guten Behandlungsergebnissen. Meistens können die Kopfschmerzen auf längere Sicht gelöst werden. Werden Maßnahmen des besprochenen Stressmanagements und die Ausdauerbelastungen dauerhaft durchgeführt, kehren die Spannungskopfschmerzen, auch dauerhaft, nicht mehr wieder. Selbst Kopfschmerzpatienten, die schon eine über Jahre gehende Krankengeschichte haben, können mit diesen Maßnahmen weitgehend von Kopfschmerzen befreit werden. Mir sind in diesem Zusammenhang die kurzen Nackenmuskeln sehr wichtig geworden, die es gezielt zu behandeln gilt. Eine weitere wichtige Maßnahme, die gerade der Patient konsequent durchführen sollte, ist die regelmäßige körperliche Ausdauerbelastung, die mindestens 2-3 mal pro Woche erfolgen sollten.

Migräne

Zum Schluss noch einige kurze Anmerkungen zur Migräne.

Selbst bei Migränepatienten lassen sich mit den oben beschriebenen Maßnahmen gute Ergebnisse erzielen. Untersuchungen bei Migränepatienten haben gezeigt, dass manualtherapeutische Maßnahmen am Nacken zu einer Reduzierung der Migräneattacken führen.

Zusätzlich zu den oben beschriebenen Maßnahmen wird ein Pestwurzpräparat verordnet. Pestwurz, als phytotherapeutische Maßnahme, wirkt krampflösend und vegetativ ausgleichend. Gleichzeitig sollen die betroffenen Patienten hoch dosiert Magnesium, B-Vitamine und das Co-Enzym Q10 einnehmen. Bei der Ernährung sollte auf eine histaminarme Kost geachtet werden.

Ein Rückgang der Migräneattacken um bis zu 50-70 % kann dadurch erreicht werden. Eine vollständige Heilung ist bei Migräne nicht möglich.

Als Therapie, die das vegetative Nervensystem harmonisieren soll, führe ich seit Kurzem Bindegewebsmassagen (BGM) bei Migränepatienten durch. Ich erhoffe mir dadurch eine Reduzierung von Gefäßweitstellungen im Bereich der Hirnhäute und somit eine Reduzierung der Migräneattacken. Dieser Therapieansatz steht jedoch erst am Anfang, es liegen noch keine Erfahrungswerte vor.