Ein Fachartikel von Heilpraktiker, Physiotherapeut und Osteopath Patric Warten, der in der Zeitschrift „Reflexe“, des Verbandes der Masseure der Schweiz, im Dezember 2016 veröffentlicht wurde
Das Becken nimmt innerhalb der Körperstatik eine zentrale Rolle ein. Man spricht deshalb auch von einer Schlüsselposition. Abweichungen der Beckenstatik wirken sich sowohl auf die darüber liegende Wirbelsäule als auch auf die unteren Extremitäten aus.
Bei der Therapie von verschiedenen orthopädischen Erkrankungen wie Bandscheibenschäden, Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule oder der Hüft-, Knie- oder Sprunggelenke, bei Wirbelsäulensyndromen und anderen muss auch immer darauf geachtet werden, dass eine optimale Körperstatik erreicht wird, um die überlasteten geschädigten Strukturen zu entlasten. Eine veränderte Statik kann mitursächlich für die genannten Erkrankungen sein. Die Ursachen für eine veränderte Körperstatik können aus einer Beckenfehlstellung resultieren. Deshalb ist es wichtig, das Becken bei der Befunderhebung ausführlich zu überprüfen und dies bei eventuellen Fehlstellungen in die Therapie zu integrieren.
Dieser Artikel soll aus Sicht der Osteopathie einen Einblick in die funktionellen Verhältnisse des Beckens, den Folgen von Beckenfehlstellungen und des Beckenbefunds geben.
Das Becken besteht aus den beiden Hüftbeinen (Ossa coxae). Zusammen mit dem Kreuzbein (Os sacrum) bilden sie den Beckengürtel oder Beckenring. Die Hüftbeine bestehen jeweils aus dem Sitzbein (Os ischii), dem Darmbein (Os ilium) und dem Schambein (Os pubis). Über die Sakroiliakalgelenke (Sig) sind die Hüftbeine mit dem Kreuzbein verbunden. In den Sig sind nur kleine Bewegungen möglich. Die keilförmige Lage des Kreuzbeins und sehr starke Bänder gewährleisten eine hohe Stabilität der Sig, da von der unteren Extremität bzw. von der Wirbelsäule her große Kräfte einwirken.
Die beim Gehen auf die Beine einwirkenden Kräfte werden über den Beckenring nach oben auf die Wirbelsäule weitergegeben. Die Last des Rumpfes bzw. die auf den Rumpf einwirkenden Kräfte werden über den Beckenring nach unten weitergegeben. Dabei wird das Kreuzbein wie ein Keil nach unten gedrückt.
Das Ilium kann sich sowohl nach anterior als auch nach posterior bewegen. Bei einer Bewegung nach posterior bewegt sich die Spina iliaca anterior superior (Sias) nach dorsal, die Hüftpfanne entsprechend nach ventral und cranial. Bei einer Bewegung nach anterior bewegt sich die Sias nach ventral, die Hüftpfanne entsprechend nach dorsal und caudal. Die Bewegungsachse für die Anterior- bzw. Posteriorbewegung liegt etwa auf Höhe des dritten Sacralwirbels. Kommt es zu einer einseitigen Fixation des Iliums in einer anterioren oder posterioren Stellung, kann dies Auswirkungen auf die gesamte Statik, Kinematik und das Einwirken von Kräften auf verschiedene Strukturen haben.