Am Anfang des Atembefundes steht immer die Anamnese, bei der zuerst grundsätzliche Daten wie Name, Alter, Diagnose und Beruf erfasst werden. Der Beruf des Patienten kann eventuell schon auf arbeitsbedingte Schädigungen der Lunge hinweisen. So kann es bei Menschen, die im Bergbau arbeiten, zur Silikose (Quarzstaublunge) kommen. Bäcker können am sogenannten Bäckerasthma erkranken.
Zur Anamnese gehören auch Fragen nach den momentanen Beschwerden, der Krankheits(vor)geschichte, dem Allgemeinbefinden und ob der Patient atemabhängige Schmerzen hat. Ist der Patient Raucher? Wenn Ja, wieviel Zigaretten am Tag? Leidet der Patient unter Atemnot (Dyspnoe) in Ruhe oder unter körperlicher Belastung? Leidet der Patient unter Husten mit oder ohne Auswurf? Falls es zu Auswurf kommt, wie ist die Beschaffenheit des Auswurfs? Ist die Sekretbeschaffenheit zäh oder dünnflüssig, klar oder gelblich? Gelblicher Auswurf deutet auf eine bakterielle Infektion der Atemwege hin, wie es bei einer chronischen Bronchitis der Fall sein kann. Zäher Auswurf kommt meist bei einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) vor. Zumeist ist auch chronischer Husten das Symptom einer chronischen Bronchitis oder des COPD.
Abschließend sollte noch gefragt werden, was bisher atemtherapeutisch durchgeführt wurde.
Zum weiteren Befund kann der Behandler die Lippen und Fingerkuppen des Patienten auf eine eventuelle Blauverfärbung (Cyanose) hin überprüfen. Eine Cyanose weist auf eine Minderversorgung des Blutes mit Sauerstoff hin. Danach kann der Puls an der Radialseite des Unterarmes gemessen werden. Eine Erhöhung des Pulses kann Hinweis auf das sogenannte Cor pulmonale, einer Erkrankung des rechten Herzens, sein. Das Cor pulmonale entsteht aufgrund eines Durchströmungswiderstandes des Blutes durch die Lunge, zum Beispiel bedingt durch ein Lungenemphysem.
Wichtig ist auch, ob der Patient durch die Nase oder durch den Mund atmet und ob bei der Atmung Atemgeräusche, wie Brodeln oder Rasseln hörbar sind.
Zur weiteren Befundung sollte der Patient den Oberkörper frei machen (Frauen können den BH anlassen) und sich in Rückenlage auf die Behandlungsliege legen. Zur Ermittlung der Atemfrequenz stellt sich der Behandler neben den Patienten auf Brusthöhe und legt seine Hände seitlich links und rechts an den Brustkorb (Bild 1). Jetzt zählt er wie oft der Patient in einer Minute ein- oder ausatmet. So kann auch der Atemrhythmus ermittelt werden. Der Therapeut belässt seine Hände an beiden Seiten des Brustkorbs und überprüft nun, ob sich bei der Ein- und Ausatmung beide Brustkorbseiten gleichmäßig nach außen weiten, heben und senken. Danach legt er eine Hand auf das Brustbein des Patienten und überprüft, ob sich bei der Ein- und Ausatmung das Brustbein hebt und senkt.
Nach dieser Überprüfung darf der Patient aufstehen. Der Therapeut kann nun mit einem Maßband den Thoraxumfang bei Atemruhelage und bei maximaler Ein- und Ausatmung messen. Dabei legt er das Maßband um den unteren Thoraxrand des Patienten, etwa in Höhe der zwölften Rippe. Zuerst misst er den Thoraxumfang in Atemruhelage, danach soll der Patient maximal ein- und ausatmen. Alle drei Messwerte werden notiert. Das Gleiche erfolgt mit um den Thorax gelegtem Maßband unterhalb der Brustbeinspitze (Bild 2, 3 und 4) und danach auf Höhe der Achseln. Bei Patienten mit einer Obstruktion kann die Differenz der Umfangwerte zwischen Atemruhelage und maximaler Ausatmung sehr gering sein. Das heißt, dass bei der Ausatmung nicht viel Luft raus geht und die Lunge überbläht ist. Bei Patienten mit einer Restriktion kann die Differenz der Umfangwerte zwischen Atemruhelage und maximaler Einatmung sehr gering sein. Das heißt, dass bei der Einatmung nicht viel Luft rein geht.
Im Anschluss erfolgt im Stehen die Inspektion der Thorax- und Wirbelsäulenstatik aus der frontalen, sagittalen und transversalen Ebene. Bei dieser Inspektion kann zum Beispiel der sogenannte Fassthorax auffallen, der bei Menschen mit einem Lungenemphysem vorkommt.