Komplementäre Therapie bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen

Fachartikel von Heilpraktiker und Osteopath Patric Warten

Einleitung

Komplementäre Heilverfahren haben einen hohen Stellenwert bei der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Ziel ist, die klassischen Medikamente mit starken Nebenwirkungen so weit wie möglich zu reduzieren, um dadurch die Lebensqualität zu verbessern und Folgeschäden der klassischen Medikationen zu minimieren.

Entzündlich rheumatische Erkrankungen gehören zu den Erkrankungen des sogenannten rheumatischen Formenkreises. Zu ihnen zählen unter anderen die Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) und der Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans).
Die Ursachen von entzündlich rheumatischen Erkrankungen sind letztendlich noch nicht vollständig geklärt. Ihnen liegt ein Autoimmungeschehen zugrunde bei dem es zu entzündlichen Reaktionen kommt. Im Falle der chronischen Polyarthritis betrifft die entzündliche Autoimmunreaktion vorwiegend die Gelenkinnenhaut der Finger- und Handgelenke. Es können aber auch andere Gelenke betroffen sein. Beim Morbus Bechterew sind vorwiegend die Bänder der Wirbelsäule betroffen.

Entzündlich rheumatische Erkrankungen sprechen gut auf alternative Heilverfahren an, die unterstützend zur klassischen Therapie angewandt werden können.

Ernährung als Therapie

Arachidonsäure, die über die Nahrung aufgenommen wird, ist Ausgangsstoff für entzündungsfördernde Prostaglandine und Leukotriene. Arachidonsäure kommt vorwiegend in Schweineschmalz, Fleisch (besonders Schweinefleisch), Thunfisch und anderen Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor. Arachidonsäure wird auch vom menschlichen Organismus selbst synthetisiert. In Milch und Milchprodukten kommt sie in geringen Mengen vor, pflanzliche Lebensmittel sind frei davon.
Über eine vorwiegend vegetarische Ernährung nimmt die Entzündungsaktivität ab. Auch kann das Entzündungsgeschehen durch Heilfasten verbessert werden.

Die Vitamine E und C, sowie Beta-Carotin (Provitamin A) und die Spurenelemente Zink und Selen wirken sich ebenfalls hemmend auf Entzündungen aus. Vitamin E wirkt der Synthese von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Leukotrienen entgegen. Besonders reich an Vitamin E sind Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Olivenöl, Walnüsse, Mandeln, Nüsse und Vollkornprodukte. Vitamin E wirkt so wie Vitamin C, Beta-Carotin, sowie die Spurenelemente Zink und Selen den die Entzündungen unterhaltenden Sauerstoffradikalen entgegen. Sauerstoffradikale entstehen unter anderem durch Entzündungsprozesse, sie beschleunigen diese und schädigen aufgrund von Oxidation gesundes Gewebe. Die den schädigenden und entzündungsfördernden Sauerstoffradikalen entgegenwirkenden Mikronährstoffe werden aufgrund ihrer antioxidativen Wirkung als Antioxidantien bezeichnet.

 

 

Lebensmittel, die Vitamin C enthalten, sind Paprika, Zitrusfrüchte, Grünkohl und Brokkoli. Holunder-, Johannisbeer- und Sanddornsaft enthalten ebenfalls viel Vitamin C. Beta-Carotin kommt vorwiegend in Karotten, Süßkartoffeln, Kürbissen, Grünkohl, Nektarinen, Rote Beete und Aprikosen vor. Zink und Selen enthaltende Lebensmittel sind Kürbiskerne, Haferflocken, Paranüsse, Fisch (z.B. Lachs), Blaukraut und Spargel.

Omega-3-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren, die für den menschlichen Körper lebensnotwendig sind und vom Organismus nicht selbst hergestellt werden können. Sie müssen über die Nahrung zugeführt werden. Sie wirken entzündungshemmend indem sie die Produktion der entzündungsfördernden Arachidonsäure blockieren. Außerdem wirken sie ausgleichend auf ein überschießendes Autoimmungeschehen. Insgesamt gibt es 11 verschiedene Omega-3-Fettsäuren, so zum Beispiel die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). Alpha-Linolensäure (ALA) kommt hauptsächlich in pflanzlichen kalt gepressten Ölen wie z. B. in Lein-, Walnuss-, Hanf- und Rapsöl vor. Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) kommen hauptsächlich in Fischen wie Sardine, Hering, Seelachs, Makrele, Rotbarsch und Forelle vor.

Das in Knoblauch, Bärlauch, Schnittlauch, in Zwiebeln und Lauchzwiebeln vorkommende Alliin hat eine entzündungshemmende Wirkung. Alliin ist eine schwefelhaltige Aminosäure. Sie wandelt sich in Allicin um und besitzt pharmakologische Eigenschaften. Allicin greift in den Arachidonsäurestoffwechsel ein, dabei reduziert es die Bildung von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Leukotrienen.

Immunmodulation durch Darmsanierung

Circa 400 – 500 verschiedene Bakterienarten besiedeln unseren Darm. Er beherbergt ca. 100 Billionen Bakterien, die in ihrer Gesamtheit etwa 2 Kilogramm wiegen. Diese natürliche Bakterienflora hat einen erheblichen Einfluss auf das Immunsystem des Darms und des gesamten Immunsystems. Der überwiegende Anteil unseres Immunsystems (ca. 80%) sitzt im Darm.
Das Immunsystem des Darmes muss ständig zwischen den Darmbakterien unterscheiden, die gut und hilfreich für eine gut funktionierende Verdauung sind und denen, die sich eher schädlich auf die Gesundheit auswirken. Die guten Bakterien werden vom Immunsystem des Darmes nicht bekämpft, letztere müssen sofort bekämpft und eliminiert werden.

Die Zusammensetzung der guten Darmbakterien und ihr Zusammenspiel mit den Immunzellen des Darmes wirken sich auf das ganze Immunsystem aus. Ist die Komposition der natürlichen Bakterienflora gestört, dann hat dies auch Auswirkungen auf das gesamte Immunsystem. 

Das Immunsystem lernt anscheinend anhand der Darmflora gute und schlechte Mikroben zu unterscheiden. Es schult dadurch seine Freund- Feinderkennung. Ist die bakterielle Vielfalt im Darm gestört, dann kann keine ausreichende Freund- Feinderkennung ausgebildet werden. Ein ausreichender Trainingsreiz für das Immunsystem fehlt dadurch. Auf dieser Basis können Allergien, Autoimmunerkrankungen oder ein geschwächtes Immunsystem entstehen.

Bei einer Autoimmunreaktion erkennt das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Zellen als feindlich und greift diese an. Eine Entzündung ist die Folge.

 

Von daher sollte bei Patienten mit entzündlichem Rheuma immer eine Stuhluntersuchung mit Analyse der Darmflora durchgeführt werden um zu prüfen, wie die Zusammensetzung der Bakterienflora im Darm ist. Anhand des Befundes wird dann eine Nahrungsergänzung mittels probiotischer Medikamente (Medikamente, die lebensfähige Bakterien enthalten) durchgeführt, um die gestörte Darmflora zu sanieren. Durch die Darmsanierung soll das aus dem Gleichgewicht gekommene Immunsystem harmonisiert werden.
Gerade auch nach einer Antibiotikatherapie sollte immer eine probiotische Behandlung erfolgen.

In Studien (Elmadfa, 1988; Watzl et al., 1995) konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz von mikrobiellen Wirkstoffen in der Therapie der rheumatoiden Arthritis durchaus erfolgreich ist.

Eine weitere Maßnahme zur Förderung der natürlichen Darmflora sind sogenannte Präbiotika. Präbiotika sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile (sogenannte Ballaststoffe), die als Nahrung der Darmbakterien dienen und die Vermehrung der natürlichen Bakterienflora im Darm begünstigen.
Nahrungsmittel, die Präbiotika enthalten, welche sich besonders günstig auf die Darmbakterien auswirken sind:
Bananen, Lauch, Zwiebel, Artischocken, Broccoli, Knoblauch, Äpfel, Spargel, Schwarzwurzel, Karotten, Mandeln, Getreideprodukte, Leinsamen und Flohsamen.
Prinzipiell enthalten alle Obst- und Gemüsesorten und Vollkornprodukte wichtige Ballaststoffe.

Entzündungshemmende Enzyme

Bromelain und Trypsin sind Enzyme, die aus der Ananas (Bromelain) und der Bauchspeicheldrüse von Schweinen (Trypsin) gewonnen werden. In Verbindung mit dem pflanzlichen Wirkstoff Rutosid wirken sie beschleunigend auf den Abbau von entzündlichen Stoffwechselprodukten und normalisieren die Durchlässigkeit der Gefäßwände. Entzündungen und Schwellungen klingen dadurch schneller ab. Schmerzen werden gelindert, die Heilung beschleunigt.

 

In einer Studie (doppelblind, randomisiert) am Institut für klinische Pharmakologie der Charité Berlin wurde bestätigt, dass die genannten Enzyme und der Wirkstoff Rutosid  resorbiert werden und im Blut entsprechend ihrer Dosis ihre proteolytische (enzymatische Hydrolyse von Proteinen) Aktivität aufnehmen.

Indischer Weihrauch (Boswellia serrata)

Das Harz des indischen Weihrauchbaums enthält sogenannte Boswelliasäuren, deren pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe die Produktion von Prostaglandin E2, welches am Entzündungsgeschehen mit beteiligt ist, hemmen. Somit kommt es zu einer Reduzierung der Entzündung.
Zu Beginn der Therapie und bei starken Beschwerden sollten täglich 3x 800 mg Trockenextrakt des indischen Weihrauchs eingenommen werden, danach 3x täglich 400mg.

Belastungen durch Schwermetalle – Biologische Entgiftung

Belastungen mit Schwermetallen können zu einer Veränderung der Immunantwort mit Auslösung überschießender entzündlicher Reaktionen führen. Fehlgesteuerte T-Lymphozyten werden dadurch aktiv und greifen körpereigenes Gewebe an (Studie: Gleichmann et al., 1994).
In meiner Praxis führe ich bei Patienten mit einer entzündlichen Autoimmunerkrankung eine biologische Entgiftung durch, um eventuell vorhandene Schwermetalle im Körper auszuleiten. Im Rahmen einer biologischen Entgiftung werden durch verschiedene Verfahren die Entgiftungs- und Ausscheidungsfunktionen von Leber, Niere, Darm, Haut und Lymphsystem angeregt.
Zur Steigerung der Entgiftungs- und Ausscheidungsfunktionen der Leber sollte auf eine frischkostreiche und fleischarme Ernährung umgestellt, eine Darmsanierung durchgeführt und Silymarin (Wirkstoff der Heilpflanze Mariendistel) verordnet werden. Zur Steigerung der Nierentätigkeit eignet sich eine Kur mit Brennnesseltee. Zur Entgiftung des Darmes haben sich die oben beschriebenen Maßnahmen zur Leberentgiftung und der Einnahme von Chlorella Algen Tabletten bewährt. Chlorella Algen binden über die Nahrung aufgenommene Schwermetalle, gleichzeitig verhindern sie eine erneute Aufnahme von Schwermetallen, die über Leber und Galle in den Darm ausgeschieden werden. Zur Steigerung der Entgiftungsfunktion der Haut eignen sich regelmäßiges Schwitzen (Sauna, Sport) und Bürstungen. Das Lymphgefäßsystem kann durch regelmäßige körperliche Aktivität angeregt werden. Die Lymphangiomotorik wird dadurch gesteigert.
Auch Vitamine, Mineralien und Spurenelemente haben eine entgiftende Wirkung. Diese Mikronährstoffe dürfen gerade bei einer Belastung mit Schwermetallen in der Entgiftungstherapie nicht fehlen. So ist Vitamin C und Calcium zur Bleiausschwemmung notwendig, die Spurenelemente Zink und Selen zur Quecksilberausscheidung. Zink wird auch zur Ausschwemmung von Cadmium angewandt. Im Rahmen der Orthomolekularen Therapie (siehe unten) sollten die genannten Mikronährstoffe mittels orthomolekularer Mittel supplementiert werden.

Orthomolekulare Therapie

Die Orthomolekulare Therapie ist ein noch recht junges alternativmedizinisches Therapieverfahren in dessen Mittelpunkt die Gabe von sogenannten Mikronährstoffen wie Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen, sowie essentiellen Fett- und Aminosäuren zur Vermeidung oder Behandlung von Krankheiten steht. Zum Teil werden diese Mikronährstoffe in hohen Dosierungen verabreicht.

Auch in der komplementären Therapie von entzündlich rheumatischen Erkrankungen kommt sie zum Einsatz. In dem Kapitel Ernährung als Therapie wurde bereits vorgestellt wie sich die Vitamine E und C, Omega-3-Fettsäuren, Beta-Carotin, die Spurenelementen Zink und Selen, sowie Alliin günstig auf entzündliche Prozesse auswirken können und schädigenden Sauerstoffradikalen entgegenwirken.

In Studien (van der Tempel u.a. 1990; Kremer 1991) konnte eine Besserung bei rheumatoider Arthritis durch die Gabe der Fischölsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) nachgewiesen werden. EPA hemmt die Eikosanoidbildung aus Arachidonsäure und senkt zugleich den Arachidonsäurespiegel. Dadurch wird die Bildung entzündungsfördernder Prostaglandine und Leukotriene reduziert. Eikosanoide sind hormonähnliche Substanzen, die am Entzündungsgeschehen beteiligt sind. Sie werden aus Omega-6-Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren gebildet. Die aus Omega-3-Fettsäuren gebildeten (EPA und DHA) Eikosanoide haben eine entzündungshemmende, die aus Omega-6-Fettsäuren gebildeten Eikosanoide haben eine entgegengesetzte Wirkung.

Im Rahmen der Orthomolekularen Therapie können die oben genannten Mikronährstoffe oral und/oder als Injektion supplementiert (lateinisch supplere: ergänzen) bzw. substituiert (lateinisch substituere: ersetzen) werden.

Schlussbemerkungen

Konsequent angewandt erzielen die in diesem Artikel genannten Heilverfahren gute Ergebnisse, wodurch die klassischen Medikationen zumindest reduziert werden können. Nebenwirkungen und Folgeschäden können reduziert werden, die Lebensqualität der Patienten wird verbessert.