Wie kann die Resilienz gestärkt werden?
Dieser Fachartikel wurde in der medizinischen Fachzeitschrift „Reflexe“ im März 2021 in der Schweiz veröffentlicht.
Dieser Fachartikel wurde in der medizinischen Fachzeitschrift „Reflexe“ im März 2021 in der Schweiz veröffentlicht.
In der Psychologie wird Resilienz als psychische Widerstandskraft bezeichnet. Sie ist die Fähigkeit belastende schwierige Lebenssituationen ohne verbleibende Beeinträchtigungen zu überstehen bzw. zu überwinden.
In diesem Artikel geht es darum, wie die Resilienz bei seelischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen gestärkt und somit zu einem verbesserten Heilungserfolg dieser Erkrankungen führen kann. Auch seelisch gesunde Menschen können von den Resilienz stärkenden Maßnahmen profitieren.
Seelisch kranke Menschen konnten das für ihre Krankheit ursächliche belastende überwältigende Geschehen wie zum Beispiel emotionaler oder sexueller Missbrauch, das Erleben häuslicher Gewalt, dysfunktionale Herkunftsfamilien oder Verlust naher Angehöriger nicht gänzlich überwinden. Die seelische Widerstandskraft hat bei den Betroffenen nicht ausgereicht, um die belastenden Ereignisse bewältigen zu können, gerade auch dann, wenn die Ereignisse in der Kindheit geschehen sind. Aufgrund unverarbeiteter seelischer Prozesse entstehen seelische Erkrankungen, die zum Teil erst etliche Jahre nach dem belastenden Ereignis auftreten.
Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz sind unabdingbare Voraussetzungen, damit es zu einer seelischen Gesundung kommen kann, bzw. seelisch gesunde Menschen gesund bleiben können. Seelisch kranke Menschen müssen in die Lage gebracht werden, belastende Ereignisse und das vergangene Geschehen zu verarbeiten und damit überwinden zu können. Das geht nur mithilfe Resilienz stärkender Maßnahmen.
Hilfen zur Stärkung der seelischen Widerstandskraft werden in der Psychologie gelegentlich auch als Ressourcen (französisch „Source“ Quelle) bezeichnet. Ressourcen sind Begabungen, Fertigkeiten, Stärken, Fähigkeiten, Erfahrungen, Kenntnisse, Neigungen, die oftmals nicht bewusst als Kraftquellen für den Alltag genutzt werden.
Ressourcen wirken stabilisierend, ausgleichend und stärkend auf die Psyche und geben gute Gefühle. Sie verbessern oder ermöglichen sogar erst die Verarbeitung von Stress, Problemen und emotionalen Belastungen. Herausforderungen des Alltags können dadurch besser gemeistert werden.
Je mehr ein Mensch über Ressourcen verfügt und diese auch lebt, desto besser sind seine Aussichten seelisch gesund zu bleiben. Für seelisch Kranke gilt, dass wenn sie über viele Ressourcen verfügen, dass dann die therapeutischen Maßnahmen der Psychotherapie besser greifen können und dadurch die Heilungsaussichten besser sind.
Sogenannte „Schlüssel der Resilienz“, die in der Literatur beschrieben werden wie Akzeptanz (Annehmen was ist), Optimismus (darauf vertrauen, dass es besser wird), Lösungsorientierung (die Dinge aktiv angehen) und Zukunftsorientierung (die Zukunft planen und auf Ziele hinarbeiten) greifen meiner Meinung nach bei seelisch kranken Menschen nicht so gut. Sie sind seelisch nicht stabil genug diese Maßnahmen umfassend umzusetzen, weil der zugrunde liegende unverarbeitete seelische Stress zu hoch ist. Manche scheitern daran das Geschehene zu akzeptieren, lösungsorientiert zu leben oder optimistisch zu sein. Sie fühlen sich dann als Versager, wenn sie diese Maßnahmen nicht richtig in ihrem Leben etablieren können. Bevor manche depressive, ängstliche oder traumatisierte Menschen diese Schlüssel der Resilienz umsetzen können, bedarf es erst einer grundlegenden Ressourcenarbeit, mithilfe derer die Betroffenen überhaupt erst in die Lage versetzt werden das Geschehene zu akzeptieren, optimistisch zu sein oder zukunftsorientiert und lösungsorientiert leben zu können. Bei seelisch gesunden Menschen kann dies besser funktionieren.
Ressourcen mit ihrer Resilienz stärkenden Wirkung sind unerlässlich für die Erhaltung der seelischen Gesundheit bzw. in der Therapie von seelischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Ohne sie ist eine Verarbeitung und Überwindung von belastenden, schwierigen und traumatisierenden Lebenserfahrungen schwerer möglich. Sie sind die Grundlage des therapeutischen Vorgehens bei seelisch kranken Menschen auf der weitere Maßnahmen psychotherapeutischen Arbeitens aufbauen können.