Wie bereits erwähnt kann Eiweiß, welches die Blutbahn verlassen hat, nicht wieder in die Blutbahn eintreten um aus dem Gewebe entfernt zu werden. Es muss über das Lymphgefäßsystem abtransportiert werden. Es gibt sonst keine andere Möglichkeit. Bleibt Eiweiß jedoch zu lange im Gewebe führt das auf Dauer zu Schäden.
Ödeme können in eiweißarme und eiweißreiche Ödeme eingeteilt werden. Das klassische Einsatzgebiet der Manuellen Lymphdrainage sind die eiweißreichen Ödeme, bei denen es zu einer vermehrten Ansammlung von Eiweiß im Gewebe kommt.
Eiweißreiche Ödeme können durch Entzündungen entstehen. Entzündungen führen zu einer vermehrten Durchlässigkeit (Permeabilität) der Kapillaren für Eiweiß. Es tritt also bei einer Entzündung vermehrt Eiweiß und auch Wasser aus der Kapillare aus, welches nur über das Lymphsystem wieder aus dem Gewebe abtransportiert werden kann. Gleichzeitig schädigen Entzündungen die Lymphgefäße in den betroffenen Regionen, sodass diese ihrer Funktion nicht mehr richtig nachkommen können. Auch Traumatisierungen des Gewebes durch Unfälle oder Operationen führen zu eiweißreichen Ödemen. Bei einer Gewebstraumatisierung werden in den betroffenen Gewebsbereichen die örtlichen Lymphgefäße geschädigt, sodass sie das traumatisierte Gewebe nicht mehr vollständig entstauen können. Gleichzeitig werden in den geschädigten Geweben die Kapillaren durchlässiger für Eiweiß.
Eiweißreiche Ödeme entstehen aber auch durch Schäden an den Lymphgefäßen selbst, Beispielsweise nach einer Brustamputation (Mastektomie), bei der die Lymphknoten der ableitenden Lymphgefäße des Armes entfernt wurden. Es kommt zu einer sogenannten mechanischen Insuffizienz des betroffenen Lymphgefäßsystems, welches zu einer Schwellung des betroffenen Armes führt.
Eine mechanische Insuffizienz kann aber auch durch Tumore oder Bestrahlungen im Bereich von Lymphgefäßen oder bedingt durch eine Entwicklungsstörung bzw. Minderanlage von Lymphgefäßen entstehen.
Eiweißarme Ödeme entstehen zumeist aufgrund eines zu hohen Drucks in den Venen, bedingt durch einen venösen Rückstau, wie das zum Beispiel bei einer chronisch venösen Insuffizienz oder bei einer Herzinsuffizienz der Fall ist. Der venöse Rückstau führt dazu, dass auch in den vorgeschalteten Kapillaren der Druck steigt und es dadurch zu einem vermehrten Austritt von Flüssigkeit aus den Kapillaren kommt. Der Eiweißgehalt dieser Ödeme ist geringer als der von eiweißreichen Ödemen, bei denen eine mechanische Insuffizienz des Lymphgefäßsystems vorliegt.